Montag, 20. Juli 2015

Die Hölle muss warten!


Heute möchte ich euch über ein Mädchen erzählen, deren erste große Liebe einem höllischen Fiasko ähnelt. Ich zieh meinen Hut vor ihr aber ihr müsst selbst lesen …

„Wenn ich mich im Spiegel betrachtete, sah ich nicht viel Positives. Ich war übergewichtig, trug immer schwarze Klamotten, Ausstrahlung gleich null und ich hatte kein Selbstbewusstsein. Ich hasste mich und meinen Körper, ich hasste meine blasse Haut und ich hasste es auch schüchtern zu sein. Meinen Freundeskreis störte das scheinbar nicht, denn Freunde hatte ich. Wahrscheinlich wussten die das man sich auf mich verlassen kann, denn NEIN zusagen fiel mir sehr schwer, womöglich noch schwerer als ich selbst war. Spaßbremse war ich aber keine und unsere Partys waren immer ein Erlebnis. Es gab auch Jungs die sich mit mir abgaben, ausgerechnet mit MIR! Warum sie mich mochten konnte ich gar nicht verstehen. Es war mir auch unangenehm mich mit jemanden blicken zu lassen, blöde Kommentare gab es immer.

Auf einem Konzert lernte ich Karl kennen, ich schüttete ihm mein Bier in den Rücken. Er schrie mich an und ich hätte sofort losheulen können. Scheiß Gedränge, ich konnte ja gar nichts dafür! Nachdem er sich beruhigte und ich mich hundert Mal entschuldigte, kamen wir ins Gespräch. Karl war 36 Jahre, ich gerade mal 19.  Optisch sagte er mir sehr zu. Ein männliches Gesicht und schulterlange Haare. Der restliche Konzertabend verlief ganz gut und wir tauschten unsere Nummern aus. Karl wohnte rund 3 Autostunden von mir entfernt. Wir telefonierten jeden Tag und schickten uns Duzende Nachrichten.
Drei Wochen nach dem Konzert besuchte er mich und wir waren offiziell ein Paar. Der erste Sex mit ihm war total romantisch und er sehr einfühlsam. Als Mann hatte er auch mehr Erfahrung als die Jungs in meinem Alter. Ich war über beide Ohren verliebt, so richtig verliebt! Wir gingen in meine Stammdisko und trafen Freunde von mir. Man begrüßte sich mit einem Küsschen, dass das zu einem Problem werden würde war mir nicht klar. Er verhielt sich meinen Freunden gegenüber sehr distanziert und ich merkte dass er sich unwohl fühlte. Am Heimweg fragte er warum ich die alle abknutschte und das er das nicht mehr sehen möchte. Meine Definition von knutschen war eine andere. Ich versuchte ihm zu erklären das wir uns zur Begrüßung immer ein Bussi gaben, egal ob weiblich oder männlich. Davon wollte er nichts wissen und es gab mein erstes Verbot! Um ihn nicht weiter zu verärgern, versprach ich ihm es zu unterlassen. Das Wochenende mit ihm war anstrengend und ich musste mich permanent erklären. Er wollte alle sexuellen Erfahrungen die ich machte wissen und ob noch Kontakt zu irgendjemand besteht. Wenn dies der Fall war, hatte ich den Kontakt sofort abzubrechen. Irgendwie war ich froh als er wieder nach Hause fuhr auch wenn ich ihn vermissen würde.
Die Kritikpunkte blieben aber nicht aus. „Deine dunklen Klamotten machen dich depressiv und aggressiv“. Was? Ich war nicht aggressiv und meine leicht depressiven Phasen führe ich nicht auf die Klamottenwahl zurück. Also gut, ich versprach ihm mich „heller“ zu kleiden. Es ging mir gegen den Strich aber ich wollte Ärger vermeiden und ihm gefallen. Meine dunkelbraunen Haare gefielen ihm auch nicht und ich färbte sie blond. An meiner Figur meckerte er nicht all zu viel, es sollte nur nicht mehr werden.
Das Wochenende nahte und ich fuhr erblondet mit dem Zug zu ihm. Im Zug zog ich mich noch um und erscheinte in blauen Jeans und einem grünen Shirt. Er schloss mich lächelnd in die Arme und sprach von einer Überraschung. Wir fuhren in ein Einkaufscenter! „Der Ansatz ist gut mein Schatz aber jetzt kaufen wir dir richtig schöne Sachen“. Wir landeten in einer Boutique und Karl suchte Typgerechte Kleidung für mich.  Nachdem ich über eine Stunde probierte was er wollte, entschied er sich für ein Kleid mit Karomuster, einen mintfarbigen Rock, eine orange Bluse mit Blümchen, ein hellblaues Shirt und eine neutrale blaue Hose. Kann es noch schlimmer kommen?! Ich war ihm hörig und hätte mich für ihn auch in ein Clownskostüm gesteckt. Die neue Garderobe war für mich bereits Clown genug. Meine Freude konnte ich nicht sofort zeigen, wieder ein fataler Fehler! Nun hörte ich noch das ich undankbar sei und ihn nicht genug liebe obwohl er mir all die schönen Dinge kaufte. Es folgten wieder hunderte Entschuldigungen um ihn zu beruhigen. Kaum in seiner Wohnung angekommen, zog er mich aus und sprach irgendwas von „Wiedergutmachung“. Also gut dann ficken … er warf mich aufs Bett und ich durfte meinen ersten Analsex erleben. Lustig fand ich das Ganze nicht aber ich ließ es über mich ergehen. Vielleicht braucht er das jetzt um runterzukommen.  Von seiner Zärtlichkeit konnte ich nichts mehr wahrnehmen und das sollte sich auch nicht ändern.
Ich freute mich nach jedem Besuch das ich wieder heim kann bzw. er wieder fährt. Jedes Mal diese Prozedur …  wir sahen uns, redeten kurz und schon gab es Analsex. Meist 2-3 täglich, es gab auch Nachholbedarf weil wir uns ein oder zwei Wochen nicht sahen. Von „normalen“ Sex träumte ich nur mehr und einfach nur schmusen konnte ich sowieso vergessen. Es gab keine einzige Berührung, nur seinen Schwanz und meinen Arsch. Unter dieser Situation habe ich wirklich gelitten, ich wollte doch auch mal in den Arm genommen werden und küssen aber das war nur mein Wunsch.
Seine Kontrollanrufe nahmen zu. Wo bist du? Was machst du? Mit wem bist du unterwegs? Waren deine männlichen Freunde dabei? Willst du lieber mit einem anderen zusammen sein?
Wenn ich mit Freunden unterwegs war, musste ich schon vorher wissen wann ich wieder heimkomme und es war meine Pflicht sich an diese Zeiten zu halten und mich bei ihm zu melden. Inklusive detaillierter Aufzählung was und mit wem ich sprach und worüber und überhaupt. Seine Eifersucht war krankhaft aber ich war so dumm und liebte ihn noch immer.
Eines Tages gab es eine Firmenfeier und ich meldete mich, brav wie ich war, bis 23 Uhr ab. Am Parkplatz unterhielte ich mich aber noch mit zwei Kollegen und es wurde Mitternacht. Das nun wieder Ärger in der Luft lag, war mir klar und deshalb schickte ich nur eine SMS mit einer Entschuldigung. Karl rief sofort an und brüllte hysterisch. Er machte mich regelrecht zur Sau! Ob ich mir vorstellen kann wie er sich fühlt wenn er auf mich wartet und ich mich nicht an Absprachen halten könnte. Ich wäre sowieso DAS LETZTE und niemand außer ihm würde sich mit so einem depressiven Grufti wie mir einlassen.  Es fielen beschissene Worte, die ich gar nicht wiederholen möchte und dann machte es „Klick“ in meinen Kopf. Ich legte auf und ignorierte 2 Tage seine Nachrichten und Anrufe. Nein das wollte ich nicht mehr und es war an der Zeit diesen Scheiß zu beenden. Ich mach mich doch nicht weiter zum Vollidiot!

Meine letzte SMS an ihn „Lieber Karl! Ich danke dir für diese lehrreiche Zeit aber ich glaube du brauchst Hilfe, Hilfe die ich dir nicht geben kann. Hiermit bedanke ich mich auch für deine Geschenke und deine „Liebe“ aber in meinem Leben hast du keinen Platz mehr. Du brauchst dich auch nicht mehr zu melden, ich werde nicht mehr antworten und wenn es sein muss lege ich mir eine neue Telefonnummer zu. Alles Gute für dich!“

Zwei Wochen quälte er mich mit Nachrichten aber ich war das erste Mal konsequent und schrieb nicht zurück. Mir wurde klar, diese Art der Liebe kann nicht bestehen und ich änderte mich. Diesmal tat ich es für MICH! Ich änderte meine Denkweise und arbeitete an meinem Selbstwertgefühl. Ihr könnt euch nicht vorstellen wie stolz ich auf mich war.  Den schwarzen Klamotten blieb ich treu J
Kein Mann würde es mehr schaffen mich derart abhängig zu machen oder mir die Hölle auf Erden zu bereiten, die kannte ich bereits.
Es klingt vielleicht seltsam aber ich möchte die Zeit mit Karl nicht missen. Dank ihm wurde ich zu dem was ich heute bin. Eine selbstbewusste Frau die weiß was sie will und sich im Klaren ist was sie keineswegs will. Ich liebe und lebe mein Leben nach meinen Wünschen und Vorstellungen und es ist nicht nötig sich zu ändern oder formen zu lassen, nur um jemanden zu gefallen.“

Ein mutiger Schritt in meinen Augen, Chapeau!
Danke fürs lesen und danke das ich es erzählen durfte J


Eure Vicky

4 Kommentare:

  1. Danke für´s teilhaben dürfen
    Das musste ich nun doch noch lesen
    Liebe Grüße

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  2. Ach du dickes Ei, das war ja eine Begegnung, ein kleiner Judas, der vom Egoismus gesteuert nur nach seinem eigenen Glück strebt und eine Spur hinterlässt, bevor er endgültig weggeht…bzw. gegangen wurde. Ein echter Akt der Befreiung.

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  3. Krankhafte Eifersucht mit ausgeprägter Verlustangst ... eine üble Kombination!
    Fällt mir gerade ein Song von Unheilig ein "Freiheit ... ich will nicht leise sein".

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