Sie saß auf der Terrasse, mit einem Glas Rotwein in der Hand
und blickte auf die Windräder die sich nur langsam bewegten. Wie sehr sie sich
in diesem Momente wünschte das sich ihre Gedanken genau so langsam fortbewegen
könnten. Ihr Kopf war überfüllt, überfüllt von allem und nichts. Die Vögel
zwitscherten ein Abendlied im Birkenbaum. Sie nahm einen Schluck Wein, er
schmeckte lieblich und hinterließ einen zarten Hauch Himbeeren an ihrem Gaumen. Am Himmel zogen dunkle Wolken auf aber sie
konnte kein Bild erkennen. Sie blickte auf ihre Arme auf denen sich Gänsehaut
gebildet hat. Für Mitte Juni waren die Temperaturen erfrischend kühl, nein nur
kühl und absolut nicht erfrischend. Sie stand auf und schlenderte ins Haus,
öffnete den Kleiderschrank und zog sich ihren schwarzen Kapuzenpulli an. Sie
griff noch zu ihren Zigaretten, den MP3 Player und schnappte sich ihre schwarz/lila
Kuscheldecke.
Zurück auf der Terrasse wickelte sie ihre Beine in die Decke
und zündete die Kerze an. Mit dem Glas Rotwein und der Zigarette in der Hand
starrte sie in die Flamme die mit dem Wind tanzte. Ihr Kopf füllte sich kurz mit Leere aber der
Gesang der Vögel riss sie immer wieder aus dem Nichts. Woran sie denken sollte
oder wollte wusste sie selbst nicht. Das Glas Wein hielt sie gegen die Kerze
und betrachtete das funkelnde rot. Der Kopf überfüllt aber sie konnte noch keinen
klaren Gedanken fassen. Die Vögel wurden leiser, die Stille erdrückend. Sie
setzte den Kopfhörer auf und lauschte den melancholischen Klängen von Dreadful
Shadows. Hat sich etwas verändert oder hat sie sich verändert? Es ist nichts Außergewöhnliches
passiert oder hatte sie etwas übersehen oder sogar „überfühlt“ und ihr Unterbewusstsein
wollte sie darauf aufmerksam machen.
Vor Tagen sagte ihr jemand sie könnte etwas offener sein,
war es das was sie verwirrte. Offen war sie doch! Offen für Menschen, offen für
Meinungen, offen für tiefsinnige Gespräche, offen für Scherze, offen für … nein,
um sich selbst zu öffnen dafür war sie nicht bereit. Wozu auch? So wie es lief
war es doch gut. Etwas kompliziert zu machen das lag nicht in ihrem Interesse.
Sollte sie in eine Welt voll Illusionen eintauchen und letztendlich sich selbst
oder andere verletzen. Sie hörte immer auf ihren Verstand und nicht auf ihr
Herz. Wo hatte sie ihr Herz schon hingebracht? Ehe sie etwas tat hörte sie auf
ihren Verstand. Sagte dieser „nein“ überdachte sie es zwar nochmal aber es
blieb meist bei einem nein.
Nach einem großen Schluck Wein dachte sie daran dass der
Wein die Zunge lockert. Mit genug Wein fällt das reden viel leichter, man ist
weniger gehemmt und schießt einfach mit der Wahrheit raus. Außerdem war das
praktisch, man hatte am nächsten Morgen eine vernünftige Ausrede und konnte es
auf den Alkohol schieben. Sollte sie noch ein Glas zu sich nehmen? Schon
meldete sich ihr Verstand. Lockert Wein womöglich auch die Gedanken? Schmunzelnd
saß sie da, schloss ihre Augen und malte sich gedanklich ein faszinierendes,
anregendes Bild. Sie atmete tief ein, griff zur Zigarette und wollte sich nicht
so recht der Illusion hingeben.
Plötzlich fielen ihr die Worte ihres letzten Partners ein „Du
bist ein richtiger Kontrollfreak. Schalte endlich deinen Verstand aus und mach
das was dein Herz sagt. Steh dir nicht selbst im Weg und lass dich gehen, lass
es einfach nur geschehen“. Sie riss ihre
Augen auf, schüttelte den Kopf „Ich bin kein Kontrollfreak, nur vorsichtig ... sagt mir mein Verstand.“ Dann ging sie ins Haus und ließ all ihre Gedanken vor der Tür in
der dunklen Nacht.
Eure vernünftige
~ Vicky ~
Heut erst gelesen .... aber sooo schön!
AntwortenLöschenDanke
Dankeschön Ella, ich freue mich :)
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